Die nächste Phase

Wir ziehen nach Frankreich

Eine dicke Lippe riskiert

Eile ist nicht immer der beste Weg zu einem zufrieden stellenden Ergebnis. Das habe wir an diesem Montag erlebt. Wir waren am Samstag nach Redon gefahren und haben dort einige Dinge erledigt. Meine Frau hatte nach Terminabsprache den Friseur im Intermarché besucht und ich mich derweil um die Abholung unseres Kaminofens gekümmert. Die Abholung erfolgt an der rückwärtigen Seite des Gebäudes. Ich fuhr also mit meinem Lastenanhänger nach hinten und rangierte rückwärts an das schönste und größte Tor an dem ich auch sofort eine Klingel ausmachte. Zu der Klingel gehörte auch eine dieser klitzekleinen Kameras mit Hilfe derer der Lagerist zwar mich, ich aber nicht ihn sehen konnte. Als wir nun mündlich Kontakt zueinander aufgenommen hatten, stellte ich mich namentlich und als Käufer eines Kaminofens auf den Namen Perret vor. Er hörte sich alles an, nachdem er zweimal Zwischenfragen gestellt hatte. Dann eröffnete er mir, dass ich am falschen Tor stehen würde. Dieses Tor wäre nur für Zulieferungen. Ich müsste zum zweiten Tor und das wäre am Ende des Geländes. Ich schaute in die Kamera, dann nach links und nach rechts. Ich sah knappe zwanzig Meter weiter das andere Tor. Der Weg hinter dem zweiten Tor führte zu diesem ersten Tor. Und von hier aus führte der Weg dann zum Lager. Ich suchte die zweite, dritte und vierte Kamera. So viele haben die ja immer bei der versteckten Kamera. Ich malte mir aus, was geschehen würde, wenn ich nun vor das andere Tor rangiere. Irgendeine andere Stimme würde mich zurück zum ersten Tor schicken. Und vielleicht würde sich dieser Vorgang einige Male wiederholen bevor der Presentator der französischen Version von Versteckte Kamera auf mich zugelaufen käme.Ich sah aber nichts.

Also leistete ich dem Auftrag Folge und rangierte rückwärts an das zweite Tor. Ich klingelte wieder und wieder hörte ich die Stimme, die nach meinem Wunsch fragte. Ich begann also erneut, wurde aber von dem Lageristen mit den Worten: Ja, ok, Sie sind es wieder! unterbrochen und durfte nun darauf warten, dass er mit unserem neuen Kaminholz Ofen kommen würde. Und das tat er auch, mit einem Hubwagen und unserem Ofen auf einer Palette. Er kam aus dem Lager gefahren und fuhr schnurstracks auf das erste Tor zu um letztendlich dann einen Haken zu schlagen und zum zweiten Tor zu kommen, das sich nun automatisch öffnete.

Ich hatte meinen Anhänger bereits geöffnet und Spriegel und Plane angehoben, sodass der Herr Lagerist mit seinem Hubwagen den Ofen bis zur Mitte des Anhängers, also über der Achse, abstellen konnte. Ofen, Palette, Hubwagen … das Teil musste schwer sein. Wie würden wir das wieder herunter bekommen? Also .. meine Frau und ich? Meine Frau, das zarte weibliche Wesen mit so wenig Geschick Dinge zu transportieren. Diese Erfahrung hatten wir mit unseren Möbeln nun schon etliche Male gemacht. Sie ist mehr der Typ für …. Ja zum Beispiel aufzuräumen, zu putzen oder zu dekorieren
😂

Nachdem meine Frau haartechnisch rundum neu gestylt fertig war, und sie war schneller fertig als ich mit meiner Prozedur, kam sie rund um das Gebäude spaziert und stieg nach einer kurzen Präsentation ihrer neuen Frisur ins Auto ein. Ihr dann folgender Kommentar zeigte mir, dass ich scheinbar zu gefühlsneutral auf ihr rundum erneuertes Aussehen reagiert hatte.

Gemeinsam fuhren wir dann zu BUT, einem Einrichtungshaus in unmittelbarer Nähe von Intermarché und kauften uns dort noch eine neue Waschmaschine. Dieses LG Teil gefiel mir auf den ersten Blick. Was die alles konnte und wie übersichtlich und unkompliziert alles auszuwählen war, das imponierte mir. Außerdem fasste ihr gefräßiger Bauch 9 Kilo Wäsche und verbrauchte dabei auch noch weniger Strom und Wasser als alles bisher dagewesene. Also zumindest in unserem Haushalt. Die Verkäuferin, die ich fast mit in meinen Warenkorb gepackt hätte, war sichtlich beeindruckt von der Schnelligkeit meines Entschlusses.

Die Abholung und Verladung ging ebenso schnell wie der Kauf. Das erlaubte uns dann rechtzeitig bei unseren Freunden anzukommen, bei denen wir zum Essen eingeladen waren. In der Dunkelheit, mit voll gefressenem Bauch fuhren wir dann nach hause. Also .. ich fuhr, meine Frau fühlt sich da noch nicht sicher genug. Das braucht Zeit.

Na ja und nun war es Montag und wir wollten den Anhänger entladen. Wir frühstückten in Ruhe und nach dieser, meiner Lieblingsbeschäftigung ging ich dann runter in die Garage. Ach … ihr wißt ja gar nicht, dass unsere Garage unter dem Haus ist. Dort ist quasi die Garage und der Keller gleichzeitig. Die Grundfläche beträgt ca. 90 qm. Glücklicherweise, denn in unserem letzten Haus hatten wir einen begehbaren Dachboden auf dem wir zu dem riesig großen Keller auch noch sehr viele Dinge untergestellt hatten. Und hier muss das ganze Zeug ja auch wieder irgendwo hin.

Den Anhänger hatte ich rückwärts vor das Garagentor gefahren. Nun nahm ich die Plane ab und öffnete die Heckklappe. Da stand nun als erstes die Waschmaschine. Die stellte in diesem Fall nicht das größte Problem dar. Ich hatte mir bei Bricomarché, dem Baumarkt aus der Mousquetaires Gruppe, eine Diabolo (eine Sackkarre mit Frontausleger) gekauft. Also, die Waschmaschine bis zum Rand geschoben und auf die davor positionierte Sackkarre gekippt. Ganz … ganz vorsichtig. Geschafft.

Nun stand da noch unser Ofen auf seiner Palette. Zunächst musste das Ding ganz nach hinten gebracht werden. Kein leichtes Unterfangen bei diesem Gewicht. Ich suchte mir zwei Spanngurte, befestigte sie an der Palette und schon ging es los. Zu zweit. Hau Ruck aber nicht zu weit. Das Teil sollte ja schließlich irgendwann einmal heile in unserem Wohnzimmer ankommen. Gemeinsam schafften wir es den Ofen bis an die Schwelle zu ziehen. Glücklicherweise, allerdings auch mit Bedacht, hatte ich den Anhänger am Volvo angekuppelt gelassen. Sonst wäre spätestens zu diesem Zeitpunkt der Anhänger nach hinten weggekippt und unser Ofen zu Bruch gegangen.

Der schwierigste Teil kam jedoch noch. Wie würden wir das Teil vom Anhänger herunter bekommen?

Wir suchten uns zwei Bretter und hatten sogar das Glück, dass wir zwei dicke und stabile Hartholz Bohlen fanden. Die legten wir nun auf die Heckklappe und stützten sie zusätzlich mit anderen Hölzern, damit sie uns nicht einfach so runterfielen und unser Ofen dennoch zu Bruch gehen würde. Wir änderten unsere Taktik, wobei ich, als der Stärkere ja immer nur an einer Seite den konnte. Und da nun zuerst wichtig war, die Palette mit der Last weiter in Richtung unserer selbstgebastelten Rampe zu ziehen, stand ich halbwegs in der Garage und zog mit aller Kraft an meinem Spanngurt um den Ofen ganz langsam runter zu ziehen. Die Aufgabe meiner Frau (eigentlich hätte ich dort auch stehen müssen) war es, den Ofen festzuhalten, damit er langsam über die Rampe nach unten gleiten würde. Unter viel Gestöhne bewegte sich die Palette mit der schweren Last immer weiter in die Richtung der Verlagerung seiner Schwerkraft und damit dem gefährlichen Punkt, dass an dieser Stelle alle Liebesmüh vergebens gewesen sein würde.

Und dann passierte es. Ich zog langsam nach unten, meine Frau versuchte entgegen zu halten und die Palette erreichte eben diesen besagten Punkt und rutschte langsam auf unsere Rampe. Das allerdings führte dazu, dass der Anhänger nun aber leichter wurde und die Stoßdämpfer ihre Wirkung zeigten um den Anhänger in seine neutrale Position zu bringen. Mit einem kurzen Stoß schnellte der Anhänger um nur wenige Millimeter nach oben.

Das allerdings reichte um dem ganzen Unternehmen ein dramatisches Ende zu geben. Denn dort, wo der Anhänger mit kurzem Ruck nun hochschnellte und an den den Ecken Halterungsstangen hervorragten, stand nun meine Frau und nahm einen kurzen aber kräftigen linken Haken der Stange an ihrer Seite entgegen. Ein Stöhnen, ein Weinen aber noch kein Blut. Scheinbar schien die Situation glimpflich ausgegangen zu sein. Scheinbar!

Nachdem meine Frau dann erst einmal reingelaufen war und ich dann allein am Anhänger und dem noch nicht gänzlich abgeladenen Ofen stand, kam sie nach einer gefühlten Ewigkeit wieder. An der Stelle, an der sich die Wunde befand, klebte nun ein fettes Pflaster. Zwar sah man immer noch kein Blut, dafür begann sich aber in Sekundenschnelle die komplette linke Mundhälfte zu verfärben.

Wenn ihr demnächst die Fotos dazu seht, werdet ihr eingestehen, dass da eine gehörige Portion Glück im Spiel gewesen sein musste. Im schlimmsten Fall hätte die Lippe durchstoßen sein können. Oder sogar der Verlust mehrerer Zähne zu beklagen. Aber schaut selber!