Die nächste Phase

Wir ziehen nach Frankreich

Die kurze Nacht

Wer von euch geglaubt hat, dass es mit dem Verladen der Möbel getan war, der kennt meine Frau nicht. Ich war hundemüde und warf mich, mit der Perspektive auf etwas über drei Stunden Schlaf auf die Luftmatratze in unserem ansonsten völlig leeren, alten Schlafzimmer. Währenddessen legte meine Frau noch einmal Hand an und fegte und putzte alle anderen Räume noch einmal durch. Ich habe nicht wirklich gemerkt, wann sie auch endlich auf der Luftmatratze lag.

Um pi mal Daumen 03:00 h morgens klingelten dann die iPhones. Nun hieß es raus. Raus aus dem Bett und raus aus dem Haus. Die letzten Klamotten noch gepackt und in den dafür vorgesehenen Platz in den Dachgepäckträger verstaut. Ich hatte mir glücklicherweise vor unserer Reise im Juni über eBay Kleinanzeigen noch eine besonders geräumige Ausführung gekauft. Da ging eine Menge rein. Das Ding war aber auch bis auf den letzten Millimeter gefüllt und mit großer Wahrscheinlichkeit an der Grenze der gesetzlich zugelassenen Dachlast. Das bedeutete, dass ich nicht nur wegen des Lasten-Anhängers sondern auch wegen Dachgepäckträgers recht vorsichtig fahren musste.

Nachdem alles verstaut war, fuhr auch schon der erste Helfer und Beifahrer vor. Stefan ist ein zuverlässiger Kerl und ausgezeichneter Freund auf den man sich verlassen kann. Und er kennt auch das Motto: "Eine Hand wäscht die andere!" Kaum war er ausgestiegen fuhr das nächste Auto mit Roland, Bianca und Levin vor. Alle vor der vereinbarten Abreisezeit. Das lief wie am Schnürchen. Bianca hatte freundlicherweise für alle drei Fahrzeuge das Proviant inklusive eines guten Kaffee's vorbereitet. Und dieses Buffet konnte sich wahrlich sehen lassen. Von den Brötchen über den Kaffee bis hin zu Obst und Süßigkeiten war alles im Warenkorb enthalten. Letzte Absprachen, Kontrollen aller drei Fahrzeuge und die letzten WC-Besuche verzögerten die Abreise dennoch um einige Minuten. Da wir jedoch eine recht ruhige Strecke zu fahren beabsichtigten, sollte das kein wirkliches Problem darstellen.

Wir fuhren zunächst bis nach Venlo vor dem LKW und dem Citroen, der die Nachhut bildete, hatten vorher aber bereits angekündigt, dass wir voraus fahren würden um auf dem Campingplatz unsere Comtesse auf ihren Stellplatz zu bringen und das Nigel nagel neue Isabella Vorzeit aufzubauen. Nach vielen Überlegungen im Vorfeld, hatten wir den Beschluss gefasst die erste Nacht in Bains sur Oust auf dem Campingplatz zu verbringen und erst am nächsten Morgen nach Plusquellec weiter zu fahren.

Über unsere iPhones hatten wir eine ständige Übersicht, wer sich gerade wo auf der Strecke befindet. Auch mit unserem PKW konnten wir wegen der Last am Hintern und auf dem Dach nicht viel schneller fahren als ein LKW. Dennoch hatten wir schon schnell einige Minuten gut gemacht. Nur unwesentlich auf der Strecke von Venlo nach Liège. Als wir dann die Grenze nach Frankreich überschritten machte sich aber schnell bemerkbar, dass unser "bip&go" Vorteile brachte. Bip&Go ist die Télépéage (Mautgebühren) auf den französischen Autobahnen. Wir haben in unseren Volvos rechts neben dem Rückspiegel eine kleinen Chip kleben, mit dem wir bei maximal 30 km/h Höchstgeschwindigkeit durch den mit "T" gekennzeichneten Kanal durchfahren können. Kein Karte mehr reinstecken oder Kleingeld suchen. Einfach langsam durchfahren.

https://www.bipandgo.com

Oben rechts auf der Homepage auch in Deutscher Sprache auswählbar. Außer der einmaligen Anschaffung des Chips (max. 20 €) fallen lediglich dann Kosten an, wenn man das Ding aktiv nutzt. Abgerechnet werden dann für jeden Monat der tatsächlichen Nutzung 1,70 €, plus der in dem Monat entstandenen Mautgebühren (die im Folgemonat vom Konto abgebucht werden).

Blöd ist nur, wenn dann ein unerfahrener Touri ohne so ein Ding in dem Fahrstreifen steht und die Schlange wegen seiner Blödheit (Unerfahrenheit) bereits auf vier Fahrzeuge angewachsen ist und wir - mit unserem Anhänger - an Nummer zwei stehen und alle zurück müssen. Das hat uns dann doch Zeit gekostet.

Wir fuhren in den Tag hinein, deshalb hielt sich eine eventuell aufkommende Müdigkeit, dank der aufgehenden Sonne, des Kaffee's und guter alter Rockmusik in Grenzen. Lediglich ein einziges Mal kam es auf dem ersten Teil der Fahrstrecke zu einem Stau. Wegen einer Baustelle verjüngten sich die zur Verfügung stehenden Fahrbahnen von drei auf zwei. Und dort, wo die Baustelle beinahe zu Ende war, stand dann auf der rechten Fahrbahn eine Mercedes mit einer jungen Frau. Ich hoffe nicht, dass ihr nur der Sprit ausgegangen war.

Über Mons, Amiens bis Rouen und Le Havre durchkreuzten wir Frankreich. Das ist aktuell die preiswerteste und am wenigsten befahrene Strecke. Ungefähr alle zwei Stunden machten wir eisenkurzen Stopp. Pipipause. Ich hatte ja mit Maelle und Layla zwei Frauen an Bord. Und der liebe Bill muss noch nicht mal müssen. Dem ist das so schon zu langweilig im Auto. Der beginnt schon zu protestieren, wenn der am Strassenrand mehrere Bäume sieht, die wie ein Wald aussehen. Und dieses bettelnde Janken ist nicht auszuhalten. Was das angeht versuchen sich Maelle und Bill gegenseitig zu übertreffen.

Bei Le Havre führt unser Weg über die Pont de Normandie. Eine Aufsehen erregende Brücke über die dort ins Meer mündende Seine. Eingangs Le Havre sieht man eine Bogenbrücke, die schon sehr eindrucksvoll wirkt. Nähert man sich ihr aber, dann wird einem klar, dass das wirklich großartige Bauwerk erst die nächste Brücke ist. Diese Pont de Normandie ist auch Maut pflichtig.

https://de.wikipedia.org/wiki/Pont_de_Normandie

Glücklicherweise gab es auf der Strecke keine weiteren Vorkommnisse. Wir hatten trotz unserer häufigen Pausen dennoch einen Vorsprung von etwas über eineinhalb Stunden aufgebaut als wir am Camping bei Jean-Marie ankamen.

https://www.campingileauxpies.com

Claudie und Jean-Marie halfen uns den Wohnwagen schnell auf seinen Platz zu befördern und meinen Anhänger auf dem Parkplatz abzustellen. Dann machten wir uns an den Aufbau des Vorzeltes. Den Aufbau hatten wir uns auf der Messe am Isabella Stand erklären lassen. Und die machten das, dank der neuen, modernen Carbon Gestänge in wenigen Minuten. Ich gebe zu, in der kurzen Zeit haben wir das nicht geschafft. Dazu fehlt uns einfach die Erfahrung. Dennoch stand alles in kürzester Zeit. Und es hätte noch schneller gehen können, wenn meine Frau nicht jeden Arbeitsschritt mit einer Putzaktion beenden würde.

Letztendlich waren wir aber fertig als der LKW auf den Campingplatz fuhr. Das sollte er zwar nicht, aber da er nun schon da war, ließ Jean-Marie zu, dass er auf dem Parkplatz des Campings abgestellt wurde. Und, als würden Bianca und Roland "den LKW" bewachen wollen, wählten sie sich das Zelt direkt neben dem LKW als Übernachtung aus. Stefan und Levin entschieden sich für die Zelte auf Stelzen, die sie dort liebevoll "Dilitente" nennen. Claudie brachte für alle die Wäsche- und Deckenpakete und machte teilweise schon die Betten.

An diesem Abend waren wir zum Essen eingeladen. Mein ältestes Enkelkind, mein ganz besonderer Kumpel Levin, hatte am diesem Tag Geburtstag, den wir dann bei Marie-Annick und Bernard gemeinsam mit Martine und Pierre feierten.