Die nächste Phase

Wir ziehen nach Frankreich

Der Chiropracteur hat's nicht schwör

Ihr erinnert euch sicher an meinen Ischiasnerv. Aus meinen Erzählungen auf jeden Fall. Manche auch aus dem neideutschen "Real Life". Es gibt Bewegungen, die mag mein Körper scheinbar gar nicht. Er reagiert dann immer sofort ziemlich rigide. Dann durchzieht mich ein stechender Schmerz von meinem eleganten Rücken über meinen Hüftknochen an meiner knusperigen Arschbacke über mein sportliches Knie bis zu meinem süßen, kleinen Zeh. Und dieser Schmerz ist so das schlimmste Gefühl (außer dem Gefühl in meinem Bauch nachdem ich Erbsen, Bohnen oder Linsen gegessen habe) was ich je empfunden habe. Ich brauchte wieder einmal jemanden, der mir helfen würde. So wie damals der Herman Küsters aus Kranenburg. Mich ein wenig zurechtbiegen und dann diesen kräftigen Knacks geben.

Ich suchte im Internet. Im Umkreis von ca. 75 km gab es lt. Suchseite auf meinem iPhone insgesamt 6 Chiropracteure. Meine Erwartungshaltung und die Erfahrung meines letzten Besuches einer Chirpracteurin (ihr habt es hier gelesen) verlief ja weniger erfolgreich. Ich brauchte eine Brecher, eine große starke Person. Jemand der mich hart rannnehmen würde. So ließ ich die beiden Damen, die ihre medizinische Behandlung anboten außer acht und konzentrierte mich auf männliche Anbieter, deren Informationen auf der Homepage mich am meisten Ansprach. Auf der Seite von Cyril blieb ich hängen.

Cyril hat seine Praxis in Loudéac, ca. 65 km von uns entfernt. Das war nicht die kürzeste Entfernung, aber darum ging es mir auch nicht. Ich brauchte Hilfe. Oft ist es ja so, dass einen der Schmerz kurzfristig verlässte, wenn der Körper mitbekommt, dass man beabsichtigt zum Arzt zu gehen. Mein Körper war offensichtlich während dieser gesamten Suchoperation nicht anwesend gewesen. Also wußte er auch nicht, dass ich dann in der Praxis von Cyril anrief und bei der netten Florence um einen Termin bat.

Heute saß ich leidend im Volvo und befand mich mittlerweile auf halber Strecke. Der Weg ist angenehm. Zuerst fahre ich eine landschaftlich romantische Strecke über Kergrist-Moëlou, einem der vielen traditionellen Orte mit den traumhauft schönen Steinhäusern und dem alten Dorfkern. Dann erreiche ich Rostrenen (gelesen Ros Trenen) wo ich auf meinen Rückreisen gerne bei LIDL halte um mich mit Erdnüssen einzudecken. Die habe ich nämlich auch in Deutschland nur bei LIDL gekauft. Die sind nämlich lecker kernig und nicht so matschig mehlig wie bei vielen anderen Supermärkten.

Von da an fahre ich den Rest bis zur Ausfahrt in Loudéac die N164 (Nationalstrasse 164 … wie eine Autobahn aber ohne Mautgebühr).

Als ich da ankam fand mein Navi die Praxis auf Anhieb. Es hatte es aber auch verdammt leicht, denn Loudéac ist auch nicht besonders groß. Direkt vo der Tür konnte ich parken. Die Praxisräume befinden sich im Erdgeschoß und waren mit Sicherheit früher mal Wohnraum. Auch hier merkt man beim Betreten schon, dass hier in Frankreich die Uhren anders ticken als in Deutschland. Keine riesige Rezeption, keine aufwendige Bestuhlung. Eher das was wir damals in den 60'ern in unseren Schulklassen im Pott hatten. Metallgestell und Kunstoffsitzschalen. Fertig. Wenn das alles eher einfach und schmucklos aussah, dann gab doch Florence, die Sekretärin dem Raum einen ganz besonderen Glanz. Florence war noch keine 60. Ich schätze sie auf etwas über 50. Völlig ungeschminkt, mit einem vereinnahmenden Lächeln und wie sich im Laufe unserer Unterhaltung während meiner Wartezeit zeigte reizendem Humor. Ich hätte Stunden, Tage ach was sage ich … eine Ewigkeit bei ihr sitzen können.

Es öffnete sich eine Tür und eine junge Frau trat heraus. Ich dachte noch: Gott in so jungen Jahren schon zum Chiro ….. Cyril unterbrach meine Gedanken und bat mich in seine Praxis. Cyril ist das komplette Gegenteil von dem, was ich mir als Chiropracteur gewünscht und erhofft hatte. Er ist klein, maximal 1,65 cm groß und schmächtig. Ich vermute so ein Mensch, der morgens nur kurz ein Müsli ist und abends nur in den Kühlschrank schaut um satt zu werden.

Sein Behandlungsbereich … auch bei ihm zweigeteilt. Der erste Raum ausgestattet mit einem Bürotisch, der angrenzende Raum …. die Folterkammer. Wie auch bei meinem ersten Besuch bei Laure in der Nähe unseres Campingplatzes in Bains sur Oust glich dieser Behandlungsraum in Loudéac dem von Laure. Auch diese Rüttelplatte, der Tisch aus unzähligen, einzeln zu bedienenden Elementen, stand hier.

Cyril bediente sich aber einer anderen Technik. Während Laure mich nur flachgelegt hatte, fuhr Cyril mich hoch. IN dem Moment dachte ich an ein Sado/Maso Studio und wartete darauf, dass hinter mir das Kreuz ausgeklappt würde und ich Hände und Füße gefesselt bekäme. Habe ich noch nie erlebt, weiß gar nicht, ob ich der Typ dafür bin. Aber meine Ischiasschmerzen vermittelten mir nunmehr seit einigen Wochen nicht das Gefühl von ungebändigter Lust. Cyril fühlte hier mal, klopfte mit einem Hämmerchen auf die Seite meines Knies, fuhr mich in die Liegeposition, brachte mich in die stabile Seitenlange, arbeitete ein wenig mit seinem Presslufthämmerchen und meinte dann abschliessend, dass so etwas nicht nach einer Behandlung behoben sei. Da müsste man sich regelmäßig bei ihm einfinden. Hmhh, so richtig war ich von seinen Sado/Maso Methoden so ganz ohne anfassen nicht überzeugt.

Dann gab er mir eine Hilfestellung. Ich solle nächste Woche wiederkommen. Ich hatte zuvor bereits überlegt, wie ich es ihm beibringen würde, dass ich diese harmlose Therapie nicht weiterführen wolle. Und nun fiel es mir dann ganz leicht. Ach Cyril, wir fahtren in vier Tagen für ein paar Wochen nach Deutschland, da kann ich die nächsten Wochen nicht. Dann solle ich auf jeden Fall in Deutschland noch mindestens einmal zum Chiropraktiker gehen und bei Florence (der Rezeptionistin oder Ehefrau) einen Termin für nach unserer Rückkehr vereinbaren. Da Florence bei diesem Besuch eigentlich das wirkliche Highlight war, ging ich gerne zu ihr und machte einen Termin ….. den ich dann bereits aus meinem Urlaub heraus wieder absagen musste, weil meine Malaise plötzlich stark nachgelassen hatte.

Ich weiß mittlerweile, dass die Chiropraktiker einen alle nicht anfassen und die Patienten auch nicht mit der Hand behandeln. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass man auf diese Weise statt ertasten ersehen kann, welcher Wirbel da mal wieder raus gesprungen ist.

Chiropracteure werden vorläufig nicht meine Freunde. Jetzt bin ich mal gespannt, wie das mit einer Massage in Frankreich so ist.